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Berthold Furtmeyr: Buchmalerei der Renaissance

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Der Regensburger Buchmaler Berthold Furtmeyr (nachweisbar 1460-1502) zählt zu den herausragendsten Illuminatoren seiner Zeit. Sein Erfindungsreichtum beschränkte sich nicht, wie zu seiner Zeit üblich, auf die einmalige Formulierung eines Bildthemas und dessen Wiederholung. Stattdessen suchte er stets nach neuen Lösungen. Dies, sowie seine Meisterschaft in Farbe und Linie, machen seine Miniaturen zu Meisterwerken nicht allein der Buch-, sondern der übergreifenden Kunst der beginnenden Renaissance. Für seine Auftraggeber, zu denen die bayerischen Herzöge ebenso gehörten wie die Fürsterzbischöfe von Salzburg, schuf er gemeinsam mit seiner Werkstatt luxuriöse Handschriftenausstattungen, die zu den Spitzenwerken ihrer Art gehören.

 

Das vorliegende Webangebot präsentiert zwanzig vollständig digitalisierte Handschriften, die entweder unter Beteiligung von Furtmeyr und seiner Werkstatt entstanden sind, oder aus dem Regensburger Umfeld des Meisters stammen.

 

Berthold Furtmeyr: Leben und Werk

Der Regenburger Buchmaler Berthold Furtmeyr steht mit seinen Miniaturen inmitten der dynamischen Jahrzehnte der Frühen Neuzeit. Tradition und Moderne werden in seinen Bilderfindungen ebenso sichtbar wie die Betonung der eigenen Individualität als Künstler (Signatur perthold furtmeyr illuminierer im ersten Band der Augsburger Furtmeyr-Bibel, Universitätsbibliothek Augsburg, Cod. I.2.3° III, fol. 2v). In ihnen präsentiert sich Furtmeyr als erfolgreicher Unternehmer und Entdecker der Natur als Lebenswelt der Menschen.

Die erste künstlerische Notitz des Buchmalers Furtmeyr bilden sechs Medaillons einer theologisch-philosophischen Sammelhandschrift aus dem Jahr 1460 (Württembergische Landesbibliothek, Cod. theol. et phil. 2° 100), die in Regensburg angefertigt wurde. Bereits hier treten künstlerische Qualitäten hervor, die den malerischen Werdegang Furtmeyrs bestimmen werden. Auf kleinstem Raum führt er dem Betrachter in der narrativen Struktur der Bilder seine Könnerschaft vor Augen. Landschaften, Stadtansichten und figürliche Darstellungen, so wie eine auf das wesentliche konzentrierte Motivauswahl, atmosphärische Aufladung der Bildaussage und eine sinnliche Behandlung des menschlichen Körpers zeichnen Berthold Furtmeyr aus. Bis in das kleinste Detail, sei es das menschliche Haar oder die Blüte einer Wiesenblume, wird eine Erstaunen hervorrufende Visualisierung von Ereignissen vorgenommen.

Im Jahr 1466 heiratete er die Tochter des Hans Rainer, Lauttenmacher in Regensburg. Nach dieser Hochzeit begann Furtmeyr mit dem Aufbau seiner Werkstatt, die neben den Bischöfen von Regensburg und Salzburg, auch den Herzog von Bayern-München Albrecht IV. (1447-1508) und den Kurfürsten von der Pfalz Philipp den Aufrichtigen (1448-1508) als Auftraggeber hatte. Zu den herausragenden Stücken der Anfangsjahre zählen die reich illuminierten Alten Testamente für die Brüder Hans Stauff zu Ehrenfels (Universitätsbibliothek Augsburg, Cod. I.3.2° III und Cod. I.3.2° IV)  und Ulrich von Stauff zu Ehrenfels (Bayerische Staatsbibliothek München, Cgm 8010a). In den Jahren 1478 bis 1489 illuminierte Berthold Furtmeyr für die Fürsterzbischöfe von Salzburg das fünfbändige Salzburger Missale (Bayerische Staatsbibliothek München, Clm 15708-15712).

1478 konnte Furtmeyr nach Jahren der wirtschaftlichen Konsolidierung seines Unternehmens das Anwesen seiner Schwiegereltern von seinem Schwager käuflich erwerben. Furtmeyr vergrößerte im Zeitraum von 1473 bis 1487 sein Vermögen von 15 Pfund Pfennige auf 411 Pfund Pfennige, wie die Steuersekrete der Reichsstadt Regensburg zeigen. Damit gehörte er zu den wohlhabendsten Bürgern von Regensburg. Zwischen 1490 und 1500 erfolgte die Illuminierung des Lectionale de Sanctis (Bayerische Staatsbibliothek München, Clm 23024), für das ein Benediktinerkloster als Auftraggeber angenommen werden kann. Um das Jahr 1500 heiratete die Tochter Berthold Furtmeyrs; mit den Miniaturen im Statuten-, Kopial-, und Saalbuch des Regensburger Domkapitels (Bayerisches Hauptstaatsarchiv, DK Regensburg 443) wird der Künstler zu dieser Zeit zum letzten Mal in einem Werk greifbar.

Mag die Biographie des Regensburgers etwas bruchstückhaft anmuten, so ist sein künstlerisches Werk, das der Nachwelt in mehr als 15 Handschriften erhalten ist, ein beredtes Zeugnis einer herausragenden Künstlerpersönlichkeit. Allein im Salzburger Missale haben sich 48 ganzseitige Miniaturen erhalten. Diese Zahl macht deutlich, dass Berthold Furtmeyr wie kaum ein anderer Buchmaler seiner Zeit auf die Vielfalt setzte. Diesen Eindruck gewinnt man jedoch nicht nur, wenn man Einblick in unterschiedliche Werke des Künstlers nimmt, sondern allein durch die Betrachtung der Kanonbilder eines Bandes des Salzburger Missale. Kein Bild gleicht hier dem anderen. Die Variationsbreite seiner Darstellungen gewinnt er aus seiner Kenntnis der ikonographischen Tradition in Regensburg als mittelalterlichem Zentrum der Buchmalerei, aus gedruckten Vorlagen und aus der künstlerischen Auseinandersetzung mit der Tafelmalerei seiner Zeit. Berthold Furtmeyr steht als Buchmaler der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts inmitten seiner Zeit und seine Werke bieten einen Einblick in die visuelle Kultur dieser Jahrzehnte, die aus der reichen ikonographischen Tradition der Künstlergenerationen vorher schöpft, sie mit der neuen Strömung der Renaissance verknüpft und dadurch in der Lage ist, etwas unverfälscht Eigenständiges zu schaffen.

Wolfgang Neiser, Regensburg

 

Literatur:

  • Christoph Wagner, Klemens Unger (Hgg.), Berthold Furtmeyr. Meisterwerke der Buchmalerei und die Regensburger Kunst in Spätgotik und Renaissance, Regensburg 2010.

Hinweise zur Benutzung

Alle Digitalisate liegen in Blätterversionen vor. Sie sind teilweise durch Inhaltsverzeichnisse erschlossen und um Links zu weiteren digitalen Angeboten (wie digitalisierten Altkatalogen oder der Forschungsdokumentation Handschriften der BSB) ergänzt.

 

Angaben zum Projekt

Die Digitalisierung der Handschriften Berthold Furtmeyrs und seines Umfeldes erfolgte im Jahre 2010 in Kooperation zwischen dem Amt für Archiv und Denkmalpflege der Stadt Regensburg und der Staatlichen Bibliothek Regensburg mit der Bayerischen Staatsbibliothek (Cgm und Clm-Handschriften) und der Universitätsbibliothek Augsburg (Cod. I.3.2° III und Cod. I.3.2° IV). Anlass bot die Ausstellung "Berthold Furtmeyr. Meisterwerke der Buchmalerei. Aufbruch zur Renaissance in Regensburg", die vom 29.11.2010 - 20.02.2011 vom Kulturreferat der Stadt Regensburg in Kooperation mit dem Institut für Kunstgeschichte der Universität Regensburg und dem Historischen Museum der Stadt Regensburg veranstaltet wurde.

Die Digitalisierung der Handschriften der Bayerischen Staatsbibliothek erfolgte am Münchener Digitalisierungszentrum (MDZ) und wurde vom Institut für Buch- und Handschriftenrestaurierung (IBR) begleitet. Die Digitalisierung der Handschriften Cod. I.3.2° III und Cod. I.3.2° IV erfolgte an der Universitätsbibliothek Augsburg.

Amt für Archiv und Denkmalpflege der Stadt Regensburg.

Staatliche Bibliothek Regensburg.

Bayerische Staatsbibliothek - Information in erster Linie.

Universitätsbibliothek Augsburg.